Die Untersuchung der Nutzung hochgradig personalisierter und sich dynamisch wandelnder Online-Anwendungen – allen voran soziale Netzwerkseiten (SNS) – stellt die Kommunikationswissenschaft vor methodische Herausforderungen. Während quantitative Analysen digitaler Verhaltens- und Spurendaten Aufschluss über generelle Nutzungstendenzen geben, liefern sie in aller Regel keine Erkenntnisse über die subjektiven Beweggründe, die SNS-Nutzer dazu veranlassen, sich einzelnen (Medien-) Angeboten zuzuwenden, diese auszuwählen, zu bewerten oder weiterzuleiten. Blind sind solche Analysen insbesondere für die Frage, warum die überwiegende Zahl an Angeboten keinerlei Auseinandersetzung provoziert. Qualitativ-rekonstruierende Verfahren bieten indes die Möglichkeit, personalisierte Informationsumgebungen und damit verknüpftes Navigations- und Selektionshandeln unmittelbar zu erfassen sowie die Motive für (nicht) ausgeführte Handlungen zu ergründen. Der Beitrag diskutiert ein solches Verfahren – die qualitative Beobachtung mit Post-Exposure-Walkthrough – und erläutert an einer Studie zur Nachrichtennutzung auf Facebook beispielhaft den Ablauf von Datenerhebung und -auswertung. Darüber hinaus werden die grundsätzlichen Einsatzmöglichkeiten, die Abgrenzung zu vergleichbaren methodischen Ansätzen sowie die Vor- und Nachteile des Verfahrens erörtert. Der Beitrag endet mit einem Plädoyer für den Einsatz von Mehrmethodendesigns, die insbesondere im Kontext von Online- und SNS-Rezeptionsforschung einen ganzheitlichen Blick auf Nutzungspraktiken erlauben.